Allerheiligen: Was ist uns heilig?


INFOS: Halloween war gestern, das Fest der leuchtenden Kürbisköpfe, Gruselpartys und Geisterumzüge. Es wird immer in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November gefeiert. In den USA ist es so beliebt wie etwa der Karneval im Rheinland, die Ursprünge des Festes liegen aber auf dem europäischen Kontinent. Erste Belege finden sich im 18. Jahrhundert vor allem in Irland und Schottland, wo am Vorabend von Allerheiligen („All Hallows‘ Eve“) zu Festessen eingeladen wurde. Durch ausgewanderte Iren wurde das Fest Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA populär – samt ausgehöhlten Kürbissen, Geisterzügen und Heischegängen vor den Haustüren. Ein sicheres Zeichen dafür, dass nach dem gestrigen Reformationstag und vor dem morgigen „Allerseelentag“ heute „Allerheiligen“ gefeiert wird – in NRW gesetzlicher Feiertag, auch in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Der Tag gilt als „stiller Feiertag“ mit strengen Bestimmungen zum Feiertagsschutz.

Die Ursprünge des Allerheiligenfestes finden sich in der jungen Kirche, wo man bereits im 4. Jahrhundert innerhalb des Osterfestkreises ein Gedächtnis aller Märtyrer, der Blutzeugen für den Glauben, beging. Papst Bonifatius IV. legte im Jahr 610 das Fest anlässlich der Weihe des Pantheons in Rom zur „Kirche der heiligen Jungfrau Maria und aller heiligen Märtyrer“ auf den 13. Mai. Gregor III. dehnte es auf die Feier aller Heiligen aus, und Gregor IV. ordnete es schließlich als „Fest aller Heiligen“ im Jahr 835 für die Gesamtkirche an. Seither wird es am 1. November begangen, erinnert aber nicht nur an die offiziell Heiliggesprochenen, sondern an alle, die als Christen gelebt haben – ob man sie kennt oder nicht. Der offizielle Kalender des Martyrologium Romanum verzeichnet heute rund 15.000 Heilige, Selige und Märtyrer.

In der Katholischen Kirche wird Allerheiligen heute wie der Sonntag mit seinen Messen gefeiert, viele nutzen traditionell den Nachmittag und Vorabend von Allerseelen morgen schon heute zum Gang auf den Friedhof. Bei Prozessionen werden die kerzengeschmückten Gräber mit Weihwasser besprengt – Zeichen für das Leben und den Glauben an die Auferstehung. Der Allerseelentag, 2. November, etablierte sich 998 vom französischen Benediktinerkloster Cluny aus, als Abt Odilo das festliche Gedächtnis aller Verstorbenen für den 2. November für alle ihm unterstellten Klöster anordnete. 1006 wurde dieser Gedenktag durch Papst Johannes XVIII. für die ganze Kirche verbindlich erklärt.

Was ist uns heilig?

Vorstellungen vom „Heiligen“, Göttlichen, vom Unzerstörbaren und der Vollendung gibt es in allen Religionen. Tabus und Riten vielfältiger Art markieren die Aura des Unberührbaren, aber das „Heil“, „Heile“ und „Heilige“ hat auch ganz profane Bedeutung: Es meint etwa „gesund“, „ganz“, „gesegnet“, „glücklich“, „vollkommen“ und „vollständig“, es findet sich als „heilsam“ oder „heilfroh“ ebenso wie in den Worten Heiligtum, Heilkunde, Heilkraft, Heilfasten oder Heilkräuter, aber auch in seiner gegenteiligen Bedeutung „heillos“ oder „Unheil“. In der deutschen Sprache hat es im Althochdeutschen Wörterbuch auch die Bedeutung von „rein“ oder „weihen“ und ist zur Mitte des 8. Jahrhunderts schriftlich überliefert. Als Übersetzung aus dem Lateinischen „Sanctus“ findet es in der frühen Missionskirche auch Anwendung für den Vermittler des Heils selbst: Der „Heiland“, der „Heliand“, wie er in den allerersten überlieferten Schriften unserer Sprache steht, ist Christus selbst als Retter und Erlöser (Salvator), der „heilt“, „heil macht“, damit man heil und heilig wird. So schildert der altsächsische „Heliand“, das um 830 entstandene umfangreichste volkssprachliche Werk der Karolingerzeit, das Leben Jesu, stellt ihn dem von germanischen Rechts-, Moral- und Schicksalsvorstellungen geprägten Leser und Hörer als Herrscher und Krieger vor und legt den Schwerpunkt auf die Treue seiner Gefolgschaft. Von ihm, dem dreieinigen „Allerheiligsten“, Gott-Vater-Geist selbst, leitet sich alles ab, was wahrhaft „heilig“ ist: Auch die Kirche ist es damit ihrem Wesen nach – in einer allerdings noch unvollkommenen Weise, zudem sind es die Heiligen, die in vorbildhafter Weise in Treue zur Gnade Gottes gelebt haben.

Ausstellungstipp für Gläubige und Ungläubige: Zum Jubiläum „1250 Jahre Westfalen“ befasst sich die Ausstellung „Unglaublich. Begegnungen mit dem Heiligen“ in Telgte fachübergreifend mit dem Phänomen des Heiligen in Westfalen zu unterschiedlichen Zeiten und in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. Das Projekt wird von der LWL-Kulturstiftung im Rahmen des Kulturprogramms zum Jubiläumsjahr 2025 „1250 Jahre Westfalen“ gefördert. Schirmherr des Kulturprogramms ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Kontakt: RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur, Herrenstraße 1-2, 48291 Telgte, Tel. +49 – 2504 93 120, museum@telgte.de, https://museum-telgte.de/portfolio/unglaublich-begegnungen-mit-dem-heiligen/

Selig- und Heiligsprechungen: Die Heiligsprechung ist in der katholischen Kirche eine feierliche Erklärung des Papstes über das vorbildlich christliche Leben eines Menschen und über seine endgültige Aufnahme zu Gott. Nach dieser „Kanonisation“, die während eines Festgottesdienstes vollzogen wird, darf die betreffende Person weltweit verehrt werden. Der Heiligsprechung geht ein kirchlicher Prozess voraus, der über mehrere Instanzen führt. Dabei muss nachgewiesen werden, dass durch die Fürsprache des oder der Betroffenen Wunder geschehen sind. Das gilt allerdings nicht für Menschen, die als Märtyrer, also wegen ihres Glaubens, gestorben sind.

Vor einer Heiligsprechung steht die Seligsprechung. Bei ihr stellt die katholische Kirche durch das Urteil des Papstes fest, dass eine verstorbene Person vorbildlich aus dem Glauben gelebt hat und Christus in besonderer Weise nachgefolgt ist. Aus der positiven Beurteilung durch die vatikanische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen ergibt sich die offizielle Empfehlung, diese als Vorbild und als Fürsprecher bei Gott anzunehmen. Zugelassen ist hier nur eine regionale Verehrung des Seligen. Das Gesamtverzeichnis der Seligen und Heiligen der katholischen Weltkirche („Martyrologium romanum“) nennt rund 7.000 namentlich bekannte Selige und Heilige. Streng genommen sind trotz offizieller Selig- und Heiligsprechungen durch den Papst aber auch nach katholischem Verständnis alle Getauften heilig, weil sie geheiligt worden sind durch Jesus Christus.

  • 01.11.2025
  • Christof M. Beckmann
  • Red
Allerheiligen: Was ist uns heilig?
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