Zu den Hauptursachen dieser Verschwendung gehört ein grundsätzlich falscher Umgang mit Lebensmitteln. Es werden zu große Mengen eingekauft, manches wird falsch gelagert und Vieles einfach weggeschmissen, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten ist. Das sei völlig übertrieben und unnötig, sagt die Pressesprecherin Julia Nikschick von „Too Good To Go“ , denn das MHD sei nicht gleichzusetzen mit einem Verfallsdatum: „Das MHD besagt nur, dass der Handel bis zu diesem Termin die gewohnte Qualität garantiert. Das heißt aber nicht, dass die Produkte danach verdorben sind. Zum Beispiel Joghurt ist oft noch Tage und manchmal Wochen nach Erreichen des MHDs genießbar.“
Nikschick rät dazu, die eigenen Sinne zu nutzen: „Riecht es noch gut? Sieht es noch gut aus? Und schmeckt es auch noch genauso, wie ich es kenne? Dann sind die Lebensmittel in der Regel auch noch gut.“ Und sie hat noch weitere Tipps, was Privathaushalte tun können, damit Lebensmittel nicht im Müll landen: „Keine spontanen Einkäufe, sondern planen, aufschreiben, wo brauche ich Nachschub und dann mit dem Zettel losgehen. Und zu Hause die gerade gekauften Produkte nicht vor die anderen stellen, sondern die Reste nach vorne holen und die zuerst verbrauchen.“
Schwieriger einzudämmen sei die Lebensmittelverschwendung in Handel und Gastronomie, sagt Julia Nikschick: „Viele Gastronomen, Bäcker und Lebensmittelhändler haben am Ende des Tages noch Lebensmittel über, die einwandfrei sind, aber am nächsten Tag nicht mehr verkauft werden können. Und ob das jetzt Kuchen, Salat, Obst oder Gemüse sind – da kommt so viel zusammen.“ Das sei der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Lebensmittelretter-App „Too Good To Go“ gewesen, die 2015 in Dänemark gegründet wurde und ist seit Anfang 2016 auch in Deutschland verfügbar ist.
Die Funktionsweise der App ist einfach, erklärt Julia Nikschick: „Wir haben ganz viele verschiedene Partner, die eben am Ende des Tages noch einwandfreie Lebensmittel überhaben. Und damit die nicht weggeworfen werden, werden in der ‚Too Good To Go‘-App sogenannte Überraschungstüten angeboten. Überraschung, weil man nur einen groben Einblick kriegt, was in der Tüte landet, zum Beispiel eine Obst- und Gemüseüberraschungstüte. Aber ganz genau kann man eben nicht vorhersagen, was am Ende des Tages über ist. Dafür bezahlt man aber auch nur noch maximal die Hälfte des eigentlichen Warenwertes, der in der Tüte enthalten ist. Wer ein- bis zweimal pro Woche eine Tüte mit uns rettet, kann jährlich rund 630 Euro sparen. Und das Schöne ist, dass man damit gleichzeitig der massiven Lebensmittelverschwendung auch ein Riegel vorschieben kann.“
Die App „Too Good To Go“ ist kostenlos für Android und iOS verfügbar. 2017 wurde sie in der Kategorie Service mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet. Auf der Website von Ecodesign heißt es dazu weiter: „Mit »Too Good To Go« wurden seit Beginn allein in Deutschland 6,4 Millionen Mahlzeiten gerettet, international sogar 59 Millionen (…). Hierzulande gibt es in rund 900 Städten bereits über 5.000 Gastronomie-Partner mit einer Community aus 4,5 Millionen Menschen. Die App wird aktuell in 14 europäischen Ländern und der USA genutzt, 2021 beteiligten sich international bereits 70.000 Unternehmen, 31 Millionen Menschen sind beteiligt.“

