Therapie statt Stromstöße: 50 Jahre Psychiatrie-Enquete

Der alte Plenarsaal des Bundeshauses in Bonn – hier ein Foto von 1954 - war von 1949 bis 1987 Tagungsstätte der Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages. (Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F002349-0009 / Brodde / CC-BY-SA 3.0)


Es handelt sich dabei um den Abschlussbericht der sogenannten „Psychiatrie-Enquete“. Den Auftrag dazu hatte der Bundestag selbst erteilt. Anfang der 1970er-Jahre hatte der Ausschuss für Gesundheitswesen beschlossen, die Zustände in den psychiatrischen Einrichtungen der Bundesrepublik untersuchen zu lassen. Immer wieder waren in der Öffentlichkeit Missstände bekannt geworden: überfüllte Stationen, fehlendes Personal, entwürdigende Behandlungen. Viele Patientinnen und Patienten lebten jahrzehntelang abgeschottet in großen Landeskrankenhäusern – vergessen von der Gesellschaft.

Unter der Leitung des SPD-Abgeordneten und Arztes Dr. Karl-Heinz Schmitz nahm die Enquete-Kommission 1971 ihre Arbeit auf. Abgeordnete aller Fraktionen, Psychiaterinnen, Juristen, Sozialarbeiter und Pflegekräfte besuchten Kliniken im ganzen Land, führten Gespräche und sammelten Daten. Das Ergebnis war ein Bericht, der nichts beschönigte: Die psychiatrische Versorgung in Deutschland, so das Fazit, sei „in vielerlei Hinsicht menschenunwürdig und reformbedürftig“.

Die Enquete-Kommission hatte sowohl staatliche als auch freigemeinnützige Träger, zu denen viele kirchliche Krankenhäuser und Heime gehörten, untersucht – vor allem Einrichtungen der Caritas (katholisch) und der Diakonie (evangelisch). Dabei zeigte sich: Auch in kirchlichen Anstalten herrschten oft ähnliche Missstände wie in den staatlichen. Gleichzeitig hob die Kommission hervor, dass einige kirchliche Träger bereits Reformansätze zeigten – etwa durch sozialpsychiatrische Modellprojekte oder neue Formen der Nachsorge. Diese wurden positiv erwähnt und als Beispiel für eine mögliche Umgestaltung genannt.

Insgesamt machte die Enquete deutlich, dass die Missstände kein spezifisch staatliches oder kirchliches Problem waren, sondern strukturell: Das gesamte System der Psychiatrie in der Bundesrepublik war aus ihrer Sicht reformbedürftig. Die Kirchen spielten anschließend – vor allem in den 1980er-Jahren – eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Reformen, etwa durch den Aufbau gemeindenaher Dienste und Einrichtungen.

Die Kommission forderte einen radikalen Kurswechsel. Psychisch kranke Menschen sollten nicht länger weggeschlossen, sondern in ihrer gewohnten Umgebung behandelt werden. Statt riesiger, abgeschotteter Anstalten müsse es künftig gemeindenahe Versorgungseinrichtungen geben – mit Tageskliniken, Sozialpsychiatrischen Diensten und betreuten Wohnformen. Ziel war eine Psychiatrie, die den Menschen (wieder) in den Mittelpunkt stellt.

Die Folgen des Berichts waren tiefgreifend. In den späten 1970er- und 1980er-Jahren entstanden überall in der Bundesrepublik neue Versorgungsstrukturen. Das Konzept der „offenen Psychiatrie“ gewann an Boden, viele Anstalten wurden verkleinert oder umgestaltet. Zwar blieb die Umsetzung regional unterschiedlich – doch der Grundstein für ein modernes, menschliches und rehabilitativ ausgerichtetes System war gelegt. Heute gilt die Psychiatrie-Enquete als Meilenstein der deutschen Sozial- und Gesundheitspolitik. Sie war mehr als nur ein Bericht: Sie war der Beginn einer neuen Haltung – einer Psychiatrie, die nicht länger isoliert, sondern Teil der Gesellschaft ist.

(Dieser Text wurde mit KI-Unterstützung erstellt)

  • 26.10.2025
  • Manfred Rütten
  • Red
50 Jahre Psychiatrie-Enquete
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